Ich dachte ja, dass der Abstecher nach Kuba relativ spannend und interessant werden würde, aber dass dieser Monat so abenteuerlich, wild und umständlich, aber dennoch auch einer der tollsten der bisherigen Reise werden würde, das habe ich nicht erwartet. Aber nun erst mal alles der Reihe nach:
Pünktlich um 13:30 Uhr bin ich also in Havanna, oder besser gesagt auf dem Flugplatz irgendwo im Juhui draussen, gelandet. Mein handliches Köfferchen hat die Reise auch gut überstanden und ruckzuck gings durch die Immigration und schon war ich ready to go. Als ich an der Information nach einer Wechselstube frage, meint der etwas dicke aber sehr nette Herr, ich soll doch besser erst in der Stadt wechseln, denn dort sei es günstiger. In die Stadt kommt man eigentlich nur mit einem Taxi, denn ein ÖV zum internationalen Flughafen gibt es nicht. Der Preis ist auch fix und so kommt man erstmals in den Genuss der «Touristenklasse». Der Taxifahrer, der eigentlich mit seinem Schildchen auf andere Gäste wartete, findet sofort, dass er ja auch mich chauffieren könnte, schmeisst sein Schildchen in den Abfall und los gehts. Das Taxi ist relativ modern, nur etwa 30 Jahre alt, die Musik laut und fäzig und trotz viel Fahrtwind durch alle Fenster ist es mir zu heiss…. Nach rund 20 min Fahrt durch Felder und Wiesen kommen wir Havanna endlich näher. Der Fahrer steuert sogleich die erste Wechselstube an – geschlossen. Also gehts weiter zur Bank. Ich steige aus, gehe mit meinen Euros und Pass zur Bank und das Taxi wartet. Nun gibt es die erste Lektion im System Kuba. Als ich die Tür zur Bank öffne, werde ich sogleich von einigen Passanten in einem für mich unverständlich schnellen Spanisch zurechtgewiesen: Man muss draussen warten! ok…. Dann finde ich heraus, dass ich mich nach dem ultimo erkundigen muss, um zu wissen nach wem ich an der Reihe bin. In Kuba gibt es eigentlich selten Schlangen zum Anstehen, dafür weiss jeder, wer der Letzte vor ihm war und wann er somit an der Reihe ist. Als ich endlich an der Reihe bin und die Bank betreten darf, geht es weiter mit dem gleichen Spiel bei der ersten Sitzreihe. Dann bei der zweiten Sitzreihe und der dritten. Nach einer gefühlten Ewigkeit kann ich dann endlich mein Geld in Kubanische CUC Pesos (die Touristenwährung) wechseln. Als ich die Bank nach über einer Stunde wieder verlasse, hat draussen das Wetter umgeschlagen und es giesst wie aus Eimern. Immerhin, der Taxifahrer wartet immer noch geduldig auf mich. Patschnass geht es dann Richtung Zentrum zu meinem Hostel und ich bin 30 CUC ärmer.
Das kleine Hostel von Yuri ist heute, mit 6 Gästen, voll. Ich komme gerade rechtzeitig an, so reicht es gerade noch vor dem Abendessen eine kalte Dusche zu nehmen. In Yuris Hostel ist Frühstück und Abendessen im Preis inklusive. Nach dem feinen Essen wird sofort «die Bar» eröffnet. Das heisst soviel wie, dass ein, zwei Flaschen Rum, Eis, Zucker, Limetten und Fruchtsaft herbeigeschafft werden und der Barkeeper Yuri beginnt die verschiedensten Drinks zu mixen. So verstreicht der Abend bis dann gegen Mitternacht Aufbruchstimmung aufkommt und wir uns aufmachen ins nächtliche Rambazamba von Havanna. Und so geht ein erster Tag in Kuba mit viel Rum, Salsa und Fiesta langsam aber sicher zu Ende.
Der nächste Morgen beginnt dementsprechend etwas träge, doch Nachmittags schaffe ich es dann doch aus den Haus und ins Gewimmel von Havanna. Tagesziel heute, mein Leihrad im Stadtteil Vedado abzuholen. Mein Fahrrad blieb in Mexiko, denn das Flugticket fürs Velo hätte etwa doppelt so viel gekostet wie das Mieten eines Velos hier vor Ort. Also mache ich mich auf, rund eine Stunde durch Havanna zu marschieren und meine Carrera 66 in Empfang zu nehmen. Das Velo war eigentlich ganz OK. Alles schien zu funktionieren und mit den 3×7 Gängen würde ich im relativ flachen Kuba wohl gut zurecht kommen. Mit dem neuen Flitzer geht es dann sogleich auf eine kleine Stadtrundfahrt. Zuerst entlang des unendlich langen Malecons an dem eifrig geangelt, Rum getrunken und spaziert wird, danach vorbei an den prunkvollen Hotels, dem Capitol und schliesslich durch die schmalen Gässchen von Habana Vieja.
Die Idee für den nächsten Monat war nun, mit dem Bus bis ganz ans andere Ende der Insel zu fahren und von dort die rund 1000 km mit dem Velo zurück nach Havanna zu fahren. Es stellte sich aber schnell heraus, dass die Busse wegen eines Flugzeugabsturzes und den damit verbundenen gesperrten nationalen Flughafen für mehrere Tage ausgebucht sind. Na toll….. Da ich sowieso noch an einigen Stränden schnorcheln wollte und die Strecke von Santiago nach Havanna in knapp 3.5 Wochen zurückzulegen eher sportlich war, passte ich meinen Reiseplan an. Ich wollte nun mit einem Camion nur bis in die Hälfte der Insel fahren und von dort dann zurück nach Havanna, respektive bis nach Viñales pedalieren.
Der Plan stand also fest und ich wollte nur schnell etwas zu Essen holen. Ich verlasse also das Hostel, renne über die Strasse, hole Reis und Bohnen in der Cantina vis-a-vis. Dann schnell wieder die Treppe hoch zum Hostel, Schlüssel ins Türschloss und Zack – abgebrochen. Na Toll…. Nun stehe ich also da mit meinen Reis&Bohnen, vor der verschlossenen Hosteltür mit einem halben Schlüssel in der Hand, die andere Hälfte irgendwo im Schloss. Natürlich ist niemand sonst im Hostel der mir die Tür öffnen kann. Nach 10 Minuten erfolglosen Versuchen das Schlosses mit einer Kreditkarte zu überlisten gebe ich auf. Ich gehe noch mal auf die Strasse runter und schaue mir die Distanz zwischen unserem und dem Nachbarsbalkon an, finde dann aber dass der 2m Sprung rund 20m über Boden wohl doch nicht die optimale Lösung ist. Leider war auch gerade Sonntag und einen Wochenend-24h-Notfall-Schlüsseldienst gibt es hier nun halt beim besten Willen nicht, auch wenn der Shop unter dem Hostel zufälligerweise gerade ein Schlüsselmacher ist.
Dem Zustand des Hostels nach zu urteilen, würde das Schloss wohl auch nicht das Beste sein. Also versuche ich mein Glück und nach zwei Kräftigen Tritten knallt die Tür auf, etwas Verputz und einige Holzsplitter fliegen durch die Luft und das Schloss baumelt noch eine Weile hin und her. Tatsächlich war das Schliessblech des Schlosses nur mit ein paar Nägel am Türrahmen befestigt. Also schnell das Schloss abschrauben, den abgebrochenen Schlüssel aus dem Zylinder entfernen, Schloss wieder anschrauben, die Verputzresten verschwinden lasen und die krummen Nägel wieder gerade biegen – wie neu. So ist auch das gerade noch gut gegangen, bevor eine ganze Hostelbelegschaft draussen vor der Tür hätte ausharren müssen und mir Yuri den Kopf abgerissen hätte. Und soviel zur Einbruchsicherheit in Havanna…
Die Camions sind umgebaute Lastwagen, in denen zu sehr günstigen Preisen Personen, v.A. Kubaner, also eigentlich nur Kubaner, über die Insel transportiert werden. Leider fahren die Lastwagen immer erst wenn sie voll sind. Es gibt also keinen richtigen Fahrplan. So mache ich mich am nächsten Morgen mit meinem ganzen Bagage auf an den Camion Bahnhof. Ein Lastwagen der mich nach Santi Spiritu bringen würde ist schnell gefunden, das Velo irgendwie unterhalb, dort wo eigentlich das Ersatzrad wäre, verstaut und das restliche Gepäck eingeladen. Auf meine Frage, wann wir dann etwa abfahren würden heisst es ahorita! was etwa soviel bedeutet wie jetzt gleich, sofort oder es kann eben auch bedeuten irgendwann. Nun, in meinem Fall bedeutete ahorita fünf Stunden. So blieb mir und den anderen Fahrgästen nichts anderes übrig als die Zeit bis zur Abfahrt irgendwie totzuschlagen – im, vor, neben oder unter dem Lastwagen.
Gegen 16.00 Uhr ging es dann endlich los! Der Motor musste zwar schon ab 15:30 Uhr laufen und ich war der Ohnmacht durch den unglaublichen Gestank durch die offenen Fenster schon sehr nahe, aber dann bewegt sich das Gefährt endlich und mit lautem Gehupe wird unsere Abfahrt der ganzen Stadt verkündet. Der Camion ist nun fast voll, doch kaum ein Kilometer gefahren hält er, irgendwo mitten an einer Kreuzung an und es steigen nochmals etwas so viele Leute zu, wie schon drinnen sitzen. Alle beladen mit allerlei Gegenstände, für die sie extra nach Havanna gereist sind. Vor Allem Autoreifen und leere Kanister sind gerade hoch im Kurs.
Nach gut 4 Stunden Fahrt und etlichen Polizeikontrollen werde ich in Santi Spiritu ausgeladen. Das heisst ich werde an der Abzweigung, welche dann nach Santi Spiritu führt am Strassenrand stehen gelassen. Nun gut, dann fahre ich halt noch ein bisschen Rad heute. Leider bin ich nicht wie gedacht etwa Mitte Nachmittag angekommen, sondern Abends um 8 Uhr. Die Sonne ist schon untergegangen und so hänge ich in der Dämmerung mein Gepäck ans Rad und fahre los. Die ersten Kilometer auf Kuba also im Dunkeln. Dass mein Rad kein Licht hat ist nicht weiter tragisch, es fahren hier alle ohne Licht. So erreiche ich nach rund einer Stunde dann endlich Santi Spiritu und falle nach einem leckeren Abendessen todmüde ins Bett meiner Casa Particular.
Diese Casas werden in den nächsten Wochen sehr oft mein Nachtquartier sein, denn in Kuba ist alles ein Bisschen anders: Camping also solches wie wir es kennen, gibt es eigentlich nicht. Es gibt zwar Campismos dort wird aber nicht in Zelten übernachtet sondern in einfachen, viereckigen Bettonblöcken. Die Casa Particulares gibt es dafür haufenweise, besonders in den touristischen Orten. Mit der Öffnung Kubas zu etwas Privatwirtschaft wurden die Casas für viele Leute zu einem willkommenen Zusatzeinkommen. Casa Particulars sind vollständig ausgestattete Zimmer mit Bad, Dusche und Minibar welche entweder als eigenständige Unterkunft oder sich irgendwo im Haus der Familie befinden. Oft kann man auch gleich Frühstück und Abendessen mit Bestellen, was ganz praktisch ist, denn die Futtersuche unterwegs ist nicht immer ganz einfach auf der Insel.
Tags darauf mache ich mich auf den Weg Richtung Trinidad. Die Strecke ist wunderschön. Über sanfte Hügel geht es entlang von kleinen Seen, landwirtschaftlichen Flächen und der Sierra de Escambray gegen Trinidad zu. Doch die Hügel haben es in sich: Nicht wegen der Steigung an sich, sondern der Tatsache dass die paar wenigen verkehrenden Motorfahrzeuge auf Kuba selten jünger als 50 Jahre sind und damit den schwarzesten, stinkigsten Rauch aus dem Auspuff blasen. So lerne ich schnell mit Hilfe von meinen Ohren abzuschätzen wie weit das nächste Fahrzeug hinter mir noch weg ist und meine Atmung dementsprechend zu synchronisieren. Zum Glück gibt es auf Kuba aber nur wenig Verkehr, also motorisierten Verkehr. Viel häufiger treffe ich hier auf Fahrräder, Pferdegespanne oder Ochsenkarren und Fussgänger.
Zum ersten mal wird mir nun auch bewusst, dass in Kuba das Angebot an Nahrungsmitteln nicht immer gegeben ist. In der Grossstadt Havanna kam es zwar schon auch vor, dass der nächstgelegene Laden zeitweise den gewünschten Artikel gerade nicht verfügbar hatte, aber spätestens im dritten Laden würde man fündig werden. Nun, unterwegs bekam ich die Knappheit von einigen Gütern ziemlich schnell zu spüren. So fuhr ich in Santi Spiritu mit nur einer halbvollen Wasserflasche los – und bis Trinidad fand ich kein Ort, wo ich hätte Trinkwasser auffüllen können. Anders sah es mit Rum aus. Den gabs an jeder Strassenecke günstig zu erstehen. Auch mein Mittagessen wurde während dieses Monats klar von Angebot als von Nachfrage bestimmt: oft gab es trotz langer Menukarte nur ein oder zwei eifache Gerichte.
Trinidad ist eine relativ schöne Kolonialstadt. Dementsprechend touristisch geht es hier zu und her. Da auch hier wie überall Nebensaison ist und viele Casas leer stehen, finde ich sofort eine Casa Particular für umgerechnet 10 Fr. Hier bleibe ich für zwei Nächte, schlendere durch die Gassen, mache einen Strandausflug und gehe aus. Die Diskotek Ayala ist weltberühmt. Nicht weil sie die tollste Musik spielt oder so, nein die Diskothek befindet sich in einer riesigen Höhle und so finden hier jeden Abend ausgelassene Partys statt, während man gleichzeitig Tropfsteine und Grotten besichtigen kann.
Von Trinidad steuerte ich den rund 85 km entfernten Strand von Rancho Luna an. Hier sollte ein erster guter Schnorchelstrand mit wunderbar kristallklarem Wasser auf mich warten. Der Tag ist heiss und die Luftfeuchtigkeit nahezu 100%. Schon nach wenigen Kilometern bin ich vom Schweiss durchnässt und bald darauf prasseln schon die ersten Regentropfen auf mich nieder. Nichts desto trotz ist es eine sehr schöne Strecke, mit dem Meer immer in Sichtweite. Am frühen Abend erreiche ich dann die Playa Rancho Luna. Empfangen werde ich sogleich von Nachtwächter 1, welcher mir sofort den besten Platz am Strand zum zelten zeigt. Bald darauf sind dann auch die Polizei und Nachtwächter 2 und 3 vor Ort und versicherten mir immer wieder, wie sicher ich dann heute Nacht sein werde. Bevor es aber zu Bett geht, musste ich erst mal noch meinen Hunger stillen. Die Kubaner haben noch nie einen Benzinkocher gesehen und so wird das Kochen zu einer kleiner Show mit 6 hoch interessierten Zuschauern (Koch und Kellner vom Restaurant war nun auch mit von der Partie). Relativ schnell merke ich aber, dass man in Kuba besser etwas Abstand vom Kocher hat, denn das kubanische Benzin verursacht ziemlichen Schwindel und Benommenheit.
Der nächste Morgen beginnt trüb und nass. Ich entscheide mich erst mal im Zelt zu bleiben und ab zu warten. Doch leider bessert sich das Wetter nicht. Die Wellen im Meer schäumen, die Sichtweite im Wasser ist nahezu null und am Horizont blitzt und donnert es gewaltig. Das Schnorcheln fällt leider aus. Als es dann bis Mitte Nachmittag nicht aufhört zu regnen packe ich halt meine Sachen pflotschnass zusammen und machte mich auf Richtung Cienfuegos. Meine nassen Sachen trocken zu kriegen blieb relativ erfolglos, denn die Luftfeuchtigkeit war viel zu hoch und durch den non-stop Regen begann es in meiner Unterkunft langsam aber sicher überall Wasser rein zu drücken. Auch die Stadtbesichtigung war gezwungenermassen etwas nass und ungemütlich.
Tags darauf immer noch das selbe Bild: Regen, Regen, Regen. Ich habe aber keine Lust weiter in Cienfuegos rumzuhängen und mache mich auf den Weg. Eingepackt in Plastikkleider schwitze ich mich aus der Stadt heraus, immer nach einem Laden ausschauhaltend um meine Essensvorräte immerhin ein Bisschen aufzufüllen. Bei jeder kleinen Senke taucht das Velo bis an die Taschen ins Wasser ein und meine Füsse platschen bei jeder Pedalumdrehung fröhlich auf die Wasseroberfläche. Gegen Mittag hört es plötzlich auf zu regnen und die Sonne zeigt sich sogar. Also nix wie anhalten, alles ausbreiten und trocknen lassen. Weiter geht es nun gut gelaunt in T-Shirt und Shorts. Plötzlich beginnen sich die Autos vor mir zu stauen. Was wohl los sein mag? Ich pedaliere an der Schlange vorbei und stehe vor einer riesigen Pfütze. Eigentlich eher ein Fluss der nun die Strasse überquert. Einige «Offizielle» regeln den Verkehr und raten den Autofahrern ab, durch die Pfütze zu fahren. Sie sei etwa 1m tief erklären sie mir. Nun ja, effektiv war sie etwa 60 cm tief aber nichts desto trotz wurden viele der Autos welche die Durchfahrt versuchten richtig gehend geflutet und der Motor zum schweigen gebracht. So manch einer musste dann mitten in der Pfütze aussteigen und sein Auto die restlichen Meter aus der Pfütze schieben. Aber keiner schien sich aufzuregen deswegen – ist halt nun mal so und die Welt geht ja deswegen nicht unter. Nachdem ich das Schauspiel einige Minuten beobachtet hatte wage ich es dann auch. Eine Alternativstrecke gibt es nicht und zurück wollte ich auch nicht. Ich hole Anlauf, schalte in den kleinsten Gang und los gehts. Mit jeder Pedalumdrehung gräbt sich das Vorderrad tiefer ins trübe Wasser ein und ich hoffe nur, nicht noch an einem der vielen Schlaglöcher hängen zu bleiben. Das Wasser steht nun weit über den Radnaben, das Tretlager ist schon längst geflutet und die Packtaschen schauen nur noch zur Hälfte raus – zum Glück habe ich ein zuverlässiges Mietvelo. Vor mir schwimmen plötzlich Fische von durchaus essbarer Grösse davon und kurz darauf erreiche ich sicher das andere «Ufer». Beim Zurückschauen steckt auch schon das nächste Auto reglos im Wasser fest und der Fahrer bereitet sich aufs Schieben vor.
Wenig später erreiche ich das kleine Dorf Yaguaramas. Vor der Bäckerei stehen die Leute in einer ansehnlichen Schlange. Offenbar hats heute Brot. Ich halte an, erkundige mich nach dem ultimo und stelle mich in die Schlange. Nach gut 20 Minuten Anstehen bin ich schon fast an der Reihe als plötzlich Unruhe aufkommt und die schlangestehenden Leute die Bäckerei verlassen und mit Velo, Pferd oder Traktor um die nächste Hausecke verschwinden – das Brot ist gerade ausgegangen. Morgen gibts dann vielleicht wieder, vielleicht auch nicht…. bienvenidos a cuba.
Kurz darauf ists dann mit Sonnenschein endgültig vorbei und aus den ersten Tropfen entwickelt sich rasch ein wildes Gewitter. Ich entschliesse mich erstmal in Shorts und T-shirt weiter zu fahren. Innert weniger Minuten bin ich komplett durchnässt und die Sichtweite reduzierte sich rasch auf etwa 5 Meter. Um mich herum blitzt und donnert es unaufhörlich und ich scheine der Einzige zu sein, der bei diesem Hudelwetter noch unterwegs ist. Auf den letzten 15 Kilometer des Tages gibt es dann leider auch keinen Unterstand, kein Haus und nix mehr. So bleibt mir nichts anderes übrig als weiter durch das gespenstige Wetter zu pedalieren und zu hoffen nicht gerade noch vom Blitz getroffen zu werden.
Wie ein nasser Pudel erreiche ich gegen Abend Playa Giron. Der Ort ist berühmt, da hier die Amis 1961 versuchten bei der Invasion in der Schweinebucht versuchten in Kuba zu landen und kläglich scheiterten. Dies wird hier bei jeder Gelegenheit auf grossen Plakaten, Statuen und Denkmäler in Erinnerung gehalten. Ich finde rasch eine Casa Particular welche ich während den nächsten 3 Tagen nicht verlasse. Es wird klar, dass ich mich gerade im schlimmsten Sturm seit 30 Jahren befinde. Es regnet rund um die Uhr ununterbrochen, so sind etliche Verkehrswege unterbrochen und es geht nix mehr. Kein Bus fährt mehr und kein Camion bringt Nachschub. Die Frucht- und Gemüsestände werden nicht mehr aufgebaut, da niemand ernten geht und auch die kleinen Läden sind zu. Ebenso Restaurants und Imbissbuden. Das einzige was geöffnet scheint, ist das Museum über die Invasion. Den Kubanern scheint das schlechte Wetter nicht viel auszumachen. Im Gegenteil, es bietet optimale Bedingungen um mit Macheten in den überfluteten Flächen riesige Welse zu fischen oder auf Baumrattenjagd zu gehen. Letztere sind wirklich lecker, besonders wenn man sonst mit Reis und Linsen am ausharren ist.
Eigentlich steuerte ich die Schweinebucht vor allem wegen dem Ufernahen Riff an, welches optimale Bedingungen zum Schnorcheln bietet. Leider komme ich wegen dem Sturm kaum dazu. Ich wage zwar einmal einen Versuch. Schon auf dem Weg zum Spot versinke ich mit dem Velo immer wieder bis über die Räder im Wasser und ich komme nur schlecht voran. Geschnorchelt habe ich dann effektiv nur kurz, denn die Sturmwellen welche auch übers Riff rollten boten nun wirklich nicht optimale Bedingungen.
Nach drei Tagen Sturm klart der Himmel dann endlich auf und ich verlasse Giron Richtung Norden. Nach knapp 15 km habe ich mein Mittagsziel bereits erreicht. Punta Pedriz bietet ausgezeichnete Schnorchelbedingungen. Das Riff liegt weniger als 100m vor der Küste und schon beim Rausschwimmen wimmelt es von Fischen welche in den unzähligen Korallenpatches wohnen. Und ausser mir und den Fischen ist keiner da. So verstreicht der ganze Tag und ich stelle schlussendlich das Zelt an Punta Pedriz auf und wetteiferte vor dem schlafen gehen mit den kubanischen Fischern, wer wohl nun den grossen Baracuda fängt – bevor der Fisch aber am Hacken hing, wurden wir alle von den Mücken verjagt.
Es sollte eigentlich noch weitergehen mit Schnorcheln am Wrak vor der Cueva de los Peces. Leider wurde das trübe Sturmwasser über Nacht bis in die Schweinebucht verfrachtet und die hervorragende Sicht vom Vortag war auf etwa 1m geschrumpft – dann halt kein Wrakschnorcheln. Immerhin war die Sicht in der Cueva gut. Die Cueva de los Peces ist ein grosses, wassergefülltes Höhlensystem welches von Süsswasser gespiesen wird aber auch eine unterirdische Verbindung zum Meer hat. Daher befindet sich in rund 1.5 m Tiefe eine Halokline, der Übergang vom Süss- zum Salzwasser. Damit ändert sich die Sichtweite, Temperatur und das Leben schlagartig. Die Höhle ist 70 Meter tief – keine Chance alles mit nur einem Atemzug zu erkunden, aber auch das schnorcheln in den ersten 10 Meter macht Spass und es gibt einiges am Fischen, Krebsen, Pflanzen und kleinen Grotten zu sehen und erkunden. Und wiederum bin ich der einzige weit und breit. Erst als ich mich auf den Weg gegen Playa Large mache, treffen die ersten Touris ein.
Nach einer Nacht in der besten Casa Particular des Landes bei Ramiro und Vivian verlasse ich Playa Larga bereits am nächsten Tag wieder Richtung Norden. Der Nationalpark steht noch komplett unter Wasser und ein Besuch ist nicht möglich. Heute will ich von der Karibikseite quer über die Insel an die Atlantikseite radeln. Entlang der Strasse stehen abschnittsweise immer wieder ganze Felder und Häuser unter Wasser. Plötzlich sehe ich vor mir jedoch nur noch Wasser. Ich stoppe und erkundige mich beim entgegenkommenden Auto, wie lange die Strasse unter Wasser sei – etwa 5 km. Ja gut, dann halt viel Spass. Ich wechsle die Veloschuhe gegen Badeschlappen aus, kontrolliere ob die Packtaschen auch schlau verschlossen sind , schalte in den kleinsten Gang und los gehts. Voller Konzentration, immer nach Schlaglöcher Ausschau haltend, gehts langsam durch die trübe Wassermasse. Und plötzlich herrscht Hochbetrieb an der Strasse. Zu tausenden strömen die Kubaner, bewaffnet mit Netzen, Harpunen, Ruten, Macheten, Taucherbrillen oder was sie sonst finden konnten an die überflutete Strasse. Velos, Pferde und Kutschen werden im Wasser stehen gelassen oder einigermassen sicher in die Bäume gehängt. Und die Beute war ansehnlich. Karpfen, Welse, Barsche, Schiltkröten und sonstige Delikatessen werden im Sekundentakt aus dem Wasser gehievt und an Schnüren gesichert. Ich muss dabei aufpassen vor lauter Trubel meine Schlaglöcher nicht zu vergessen. Vor allem strömt das Wasser nun wie ein Fluss von einer zur anderen, tiefer gelegenen Seite der Strasse. Nach 10 km habe ich wieder trockenen Asphalt unter den Räder und habe die stürmische Gegend nun endgültig hinter mir gelassen.
Ich schaffe es nicht bis an die Atlaktikküste. Im Bauerndorf Jovellanos sollte ich aber übernachten können. Offizielle Casas für Touristen gibt es nicht. Ich müsse mich beim Kassierer an der Tankstelle nach einem gewissen Carlos (Name von der Redaktion geändert) erkundigen. Als niemand sonst in Hörweite ist wird mir dann auch sogleich der Weg zu Carlos beschrieben. Carlos wartet bereits und empfängt mich freundlich. Mein Zimmerchen befindet sich in einer Cafeteria. Draussen dröhnt laute Musik und es wird eifrig Bier und vor allem Rum getrunken. Ich stelle mich auf eine anstrengende Nacht ein.
Die Unterkunft war die erste illegale Unterkunft in Kuba in welcher ich übernachtete. In Kuba wird bei vielem, und vor allem bei Unterkünften, klar zwischen Kubanern und Touristen unterschieden. So dürfen Touristen nur in teuren Touristenunterkünften beherbergt werden und Kubaner nur in den für sie vorgesehenen Unterkünften. Die Preisunterschiede sind dann auch wie bei vielen anderen Leistungen und Güter rund Faktor 20-30 höher für die Touristen. Für mich war es daher eine der günstigsten Unterkünfte überhaupt und der Gastgeber machte wohl das Geschäft des Jahres. So verstrich der Abend bei Bier, Rum, exzellentem Essen, Musik und einer Führung durch die benachbarte Tabakplantage.
Früh Morgens mache ich mich nach einem reichhaltigen Frühstück auf Richtung Varadero, dem kubanischen Zentrum für Pauschaltourismus. Hinter der unendlich langen Hotelzone verbirgt sich aber wirklich einer der schönsten Stränden welcher ich je gesehen habe. Wunderschönes azurblauen Wasser und dank Nebensaison einem relativ ruhigen Strand and dem es sich sehr gut ein paar Stunden aushalten lässt. Das Tagesziel heisst aber Playa Coral. Hier soll es sich offenbar wunderbar schnorcheln lassen. Am nächsten Morgen tauchte ich dann auch ab und geniesse eines der besten Schnorchelriffe überhaupt. Bereits wenige Meter vom Strand weg zirkle ich um erste Korallenblöcke raus ans Riff. Jede Menge bunter Tropenfische und vor allem ein intaktes Korallenriff lassen die Zeit im Nu verfliegen. Je weiter draussen ich schnorchle um so spektakulärer wird es. Unzählige kleine Höhlen und Canyons verleiten immer wieder zum Abtauchen so lange die Luft reicht. Am äusseren Rand stürzte das Riff dann plötzlich senkrecht rund 15m in die Tiefe. Auch hier wieder alles voller Leben. Nur schade dass ich keine Unterwasserkamera dabei hatte….
Als ich endlich aus dem Wasser komme, ist es bereits Mitte Nachmittag und die Sonne brennt so richtig schön runter. Ich entscheide mich dennoch weiter zu fahren. Ich wollte noch Playa Jibacoa erreichen – ein weiteres Schnorchelparadies. Am Abend und nach 70 km in unerträglicher Hitze erreiche ich den Ort dann auch. Ein schöner Zeltplatz am Strand, fernab von allem war relativ rasch gefunden. Vor dem Aufstellen noch schnell ins Wasser, eine Kokosnuss von einer Palme fischen und geniessen. Während dem Aufstellen fühle ich mich plötzlich unwohl. Das Ganze entwickelt sich dann zu einer Nacht aus Erbrechen und Dünnschiss ohne Ende. Als sich mein Magen dann gegen Morgen endlich etwas beruhigt hatte beginnt die Sonne bereits das Zelt in eine Sauna zu verwandeln. Ich fühle mich aber nicht in der Lage aufzustehen, ich bin völlig gerädert und komplett ohne Energie. Ein Bisschen Abkühlung gibt es als ich das Zelt ganz öffne. So liege ich nun da, unter mir eine Suppe aus Schweiss, über mir eine Herrschar von Fliegen und Mücken – na Toll, und Trinkwasser habe ich auch keines mehr. Irgendwann habe ich es dann doch geschafft zusammen zu packen – das ganze hat allerdings gute 4 Stunden gedauert. Dann gings die 5 km zurück ins Dorf, ich suchte eine Casa und verliess diese für die nächsten 2 Tage nicht mehr. Ob es nun die Kokosnuss oder doch ein Sonnenstich war, weiss ich bis jetzt nicht, jedoch war dies bestimmt die schlimmste Nacht der ganzen Reise – ich hoffe mal es bleibt auch dabei.
Nachdem ich wieder halbwegs auf den Beinen war, konnte ich endlich das Riff von Jibacoa erkunden. Auch hier treffe ich wieder auf geniale Bedingungen. Das Riff ist riesig und reichte stellenweise bis fast an die Wasseroberfläche, so dass ich aufpassen musste nicht an irgendwelchen Korallen hängen zu bleiben. Leider wollte ich genau an dem Tag schnorcheln, als auch der neue kubanische Präsident dort Urlaub machte. Man gewährte mir dann aber nach zähen Verhandlungen doch eine gute Stunde Zugang zum Strand.
Nachmittags gings, noch immer etwas geschwächt, wieder aufs Velo. Die letzten 70 km zurück nach Havanna sollten ja wohl noch zu schaffen sein. So radelte ich weiter entlang der Küste durch einige Ölfelder, vorbei an kleinen einsamen Stränden und vorbei an der grossen Havana Club Distillerie Richtung Havanna. Kurz vor Havanna schlägt das Wetter plötzlich rasant um und ich befinde mich kurzerhand inmitten eines Gewitters. Nachdem ich mit ein paar anderen Velo- und Töfffahrern unter einer Brücke ausharrte und das Gewitter nicht aufhören wollte, fahre ich also weiter gegen Havanna – nass war ich eh schon. Nun galt es neben den tráfico loco en la Habana auch noch die aalglatte, nasse Fahrbahn und die riesigen Pfützen, in welchen so manches fieses Schlagloch lauert, zu managen. Ohne grössere Schwierigkeiten, aber patschnass und von Kopf bis Fuss mit Dreck bepflastert, erreiche ich Yuris Hostel gerade noch rechtzeitig vor dem Abendessen.
Wegen Sturm und Krankheit war ich nun leider einige Tage im Rückstand, wollte aber die Region um Viñales im Westen der Insel auch noch besuchen. Ich entscheide mich mit dem Bus direkt dorthin zu fahren, um dann immerhin noch ein paar Tage dort verbringen zu können.
Der Bus katapultierte mich innerhalb von ein paar Stunden nach Viñales. Zuerst raus aus dem Gewimmel von Havanna, dann über den schnurgeraden Highway nach Pinar del Rio und dann hinein in die wunderschöne Hügellandschaft, vorbei an Kaffee- und Tabakfeldern in Richtung Viñales.
Da ich die Region um Viñales mit dem Fahrrad erkunden wollte habe ich dieses natürlich mit in den Bus gepackt. Beim Aussteigen dann der Überfall duzender Casa Besitzern, welche den neuankommenden Touristen sofort laminierte Infoblätter ihrer Casa unter die Nase reiben. Ich wollte erst mal mein Rad aus dem Bus retten und mein Gepäck darauf verstauen. In dem ganzen Gewühl hat das dann auch erstaunlich lange Gedauert aber während dieser Zeit purzelten aber automatisch die Preise der Casas und es wurde Kaffee, Snacks und Frühstück nach und nach in den Preis mitinbegriffen. So hatte ich dann, als meine Fuhre endlich bereit war, bereits eine grosse Habitacion mit Frühstück gebucht.
Viñales ist berühmt für seine unendlichen Tabak- und Kaffeeplantagen, welche sich eingebettet wischen hohen Felsformationen, den Mogotes, durch das gesamte Valle de Viñales erstrecken. So stand dann auch gleich eine kleine Velotour durch das Valle auf dem Programm. Zusammen mit Patrizia, die mit dem selben Bus nach Viñales gereist ist, machte ich mich auf die Gegend zu erkunden. Nebst einigen Grotten, Höhlen und der einzigartigen Landschaft stand natürlich auch der Besuch einer Tabakplantage auf dem Programm. Die Region hier ist so touristisch (zum Glück sind wir in der Nebensaison hier), dass praktisch jede Farm sofort ein Unterhaltungsprogramm aus der Tasche ziehen kann, wenn Touristen vorbeikommen. So haben dann auch wir uns auf einer kleinen Hacienda irgendwo im Nirgendwo die Tabak- und Zigarrenproduktion erklären lassen. Die Landschaft mit den unzähligen Mogoten ist so eindrücklich, dass es sich auch problemlos in einem der kleinen Cafeterias auf den Hügeln stundenlang aushalten lässt und man nichts weiter tun muss als die Aussicht geniessen und zwischendurch an einem Jugo zu schlürfen.
Als letztes wollte ich noch zu einem kubanischen Cayo fahren. Ich entschied mich für das Cayo Jutias, 70 km von Viñales entfernt. Dieses Cayo bietet den Vorteil, dass es mit einem Damm mit dem Festland verbunden ist und ich also einfach mit dem Velo aufs Cayo fahren kann ohne mich um irgendeine Bootsverbindung kümmern zu müssen. Nach einem gemütlichen Velotag, erreiche ich am frühen Nachmittag das Cayo. Das rund 10 km lange Cayo besteht, neben einem verlassenen Leuchtturm am einen Ende und einem Restaurant in der Mitte, vor allem aus einsamen Stränden, wo ich ab und an auf lokale Harpunenfischer treffe – einer hat gerade einen 2 m langen Hai harpuniert :-O
Ums Restaurant herum wimmelt es jedoch von Touristen. Diese werden in Tourbussen von Viñales oder Pinar del Rio zu Hauf auf das Cayo gekarrt. Den Touristanscharen kann ich problemlos ausweichen, den Moskitos jedoch nicht. Und von denen hats hier zur Genüge. Schlimmer als alle Moskitos in Alaska und Kanada zusammen werde ich hier bei jeder Gelegenheit von den Biester attackiert. So verbringe ich die meiste Zeit im Wasser oder in stetiger Bewegung. Es ist gerade Sonntag und auch die Kubaner ziehts an den Strand. Einige rattern mit ihnen Oldtimer bis zum Steckenbleiben in den Sand und wer ein Autoradio besitzt weiss dieses auch zu benutzen. Aber die meisten reisen entweder mit dem kollektiven Lastwagen oder der Pferdekutsche an. Ein wunderbares Bild: im Wasser tummeln sich die Kubaner, trinken Rum und geniessen den Tag, wenige Meter weiter hinten im Schatten der Bäume stehen die Pferde angeschirrt bereit, die Meute kurz vor Sonnenuntergang wieder aufs Festland zu kutschieren.
Das Zelt konnte ich hier wieder direkt am Meer aufschlagen, aber wegen der vielen Moskitos war es eher anstrengend als entspannt. Und als dann bei Sonnenuntergang noch ein Gewitter geradewegs über mich hinweg zieht wird die Situation nicht viel besser. Ich gehe früh schlafen und freue mich auf den nächsten Morgen-Schwumm im Meer. Daraus wird aber leider nix. Als ich am nächsten Morgen aufwache ist das Zelt zwischen Moskitonetz und Aussenhülle mit einer summenden schwarzen Schicht gefüllt und als ich mich in Badehose aus dem Zelt wage, geht das Theater richtig los. Die Moskitos jagen mich zweimal ums Zelt und direkt wieder hinein. So verbringe ich den Morgen halt statt mit schwimmen damit, mich mit den Moskitodichten Regenkleider einzukleiden, Kaputze über den Kopf und zum Schluss noch das Moskito-Kopfnetz überziehen. So packe ich halt meine sieben Sachen zusammen und radle los Richtung Festland. Da es bereits gut 30 Grad warm ist und ich von Kopf bis Fuss in Plastik eingepackt bin, schwimme ich statt im Meer nun halt im Schweiss.
Zurück in Viñales hatte ich noch einen halben Tag zur Verfügung bevor der Bus zurück nach Havanna ging. Ich fand auch der Karte eine vielversprechende Nebenstrasse, eine kleine Tour von rund 20 km um Viñales. Ich fahre also los, zuerst auf der Hauptstrasse aus Viñales raus, dann biegt meine Nebenstrasse ab, welche mich über einen schönen Aussichtspunkt zurück nach Viñales bringen soll. Ich erkundige mich noch, ob die Strasse auch fahrbar wäre mit einem Velo, denn die ersten Meter sahen nicht danach aus. Mir wurde aber versichert dass das schon geht. Die «Strasse» startet als steiler Pfad, geradewegs hoch in die Berge. Ich schiebe und zerre am Rad und versuche ein paar Meter vorwärts zu kommen. Je weiter ich vordringe, desto überzeugter bin ich, dass ich jetzt dann bald fahren kann und desto schlimmer wurde es. Der Pfad wird immer steiler und war nun von den Regenfällen komplett ausgewaschen und vom Wasser tief eingefressen oder komplett abgerutscht. Noch 2 Stunden bis der Bus geht. Ich schiebe und zerre weiter am Velo, muss aber alle 5 Minuten eine Pause einlegen, da es schon wieder unerträglich heiss ist. Nach einer Stunde habe ich gut 5 km zurückgelegt und habe mich bereits damit abgefunden, den Bus nicht mehr zu erwischen. Doch dann wandelt sich der Pfad nach und nach in eine doch langsam fahrbare Piste und wird immer besser. Schlussendlich rolle ich die letzten Kilometer auf einer ordentlichen Schotterpiste zum Aussichtspunkt «Los Jazmines» und zurück nach Vinales. Wenige Minuten später sitze ich im Bus und friere unter der Klimaanlage vor mich hin.
Zurück in Havanna quartiere ich mich wieder bei Yuri ein, besuche die Sehenswürdigkeiten der Stadt ein letztes mal und feiere mit anderen Reisenden Geburtstag. So geht ein spannender Monat in Kuba zu Ende und ich tuckere in einem Oldtimer Taxi gemütlich Richtung Flughafen und zurück nach Mexiko.
Alles in Allem war Kuba eine unglaublich coole Erfahrung. Am Anfang hat mich das System fast wahnsinnig gemacht: Trinkwasser ist tagelang nicht auffindbar, dafür gibts Rum an jeder Strassenecke, was auf dem Velo nur bedingt hilfreich ist. Der Spagat zwischen der teuren Touristenklasse und der Kubanerklasse war anfangs etwas schwierig zu meistern aber mit ein bisschen Einfallsreichtung und dummem Geschwätz oftmals doch ganz gut machbar und gibt die Möglichkeit die Kubaner von einer anderen Seite kennen zu lernen und zu verstehen. Daneben bietet Kuba aber unglaublich schöne Landschaften und vor allem geniale, intakte Riffe. Und alles ist so wunderbar entschleunigt: der Verkehr rollt selten schneller als im Trab und wenn etwas nicht heute geschieht dann ja vielleicht morgen. Und da ich den ganzen Osten der Insel noch nicht gesehen habe, werde ich sicher wieder mal zurück kehren in das wundersame Land aus Zuckerrohr, Zigarren, Salsa und Camions.
Richtig gut. Da will ich glatt die Sachen packen, zum Flughafen und abdüsen.