Pucon – Coyhaique (18.2.-13.3.)
Von Pucon aus gabs wieder sehr viele spannende Optionen zur weiterfahrt: Weiter durch das chilenische Seenland, über die Grenze ins argentinische Seenland, runter an die Küste und über die geheimnisvolle Insel Chiloe und und und.
Da die Erfahrung gezeigt hat, dass ich bekanntlich länger brauche als geplant, war es definitiv sinnvoll mal noch ein neues Visum für Chile zu organisieren. Dies tut man, indem man einfach schnell nach Argentinien fährt und dann bei der erneuten Einreise ein neues Dreimonatsvisum erhält. Also gings nach Argentinien. Die nächste Grenze führte mich über den Mamuil Malal Pass, vorbei am Vulkan Lanin und einigen schönen Lagunen, direkt nach Junin de los Andes. Dabei wurde mir wieder mal bewusst, wie klein die Anden hier unten noch sind. Den Pass erreichte ich locker in nem halben Tag und die Abfahrt auf der anderen Seite nahm ich kaum als Abfahrt war. Auch das Klima im Tal entlang des Rio Chimehuin war nun ein ganz anderes ans auf der Westseite der Berge. Viel trockener, viel dürrer, viel mehr Weiden und Pampa, kaum Wälder und nur ein paar kleine Hügel und keine richtigen Berge mehr. In Junin konnte ich bei Alejandro übernachten. Der Warmshowers Host war ein witziger Typ. Er hatte schon etliche spezielle Gäste bei sich und hatte einige wilde Geschichten auf Lager. So zum Beispiel auch diejenige von Thomas, dem Schweizer, welcher nicht mehr gehen wollte und schlussendlich über ein Jahr bei ihm gewohnt hatte. Oder die, von dem Typen, dessen Auto gerade vor seinem Haus abgelegen war und welcher dann auch für ein paar Monate bei Alejandro wohnte, bis das Auto wieder flott war. Ich hätte mir gut auch vorstellen können, ein paar Tage länger hier zu bleiben, aber ich wollte ja endlich mal in Ushuaia ankommen. Am liebsten noch bevor der erste Schnee kommen würde und so blieb ich nur für eine Nacht.
Kurz darauf erreichte ich San Martin de los Andes. Ein weiterer Touristen Hotspot und Ausgangspunkt für die Ruta de los Siete Lagos, die 7 Seen Route. Dementsprechend viel war in dem Dorf los und es herrschte reges Treiben in den Beizen, Läden, auf den Gassen und dann vor allem auch auf der Strasse entlang der sieben Seen. Die Strecke zieht sehr viele Touristen aus dem In- und Ausland an. Ein neuer Trend für die abenteuerlustigen Backpacker ist, ein Fahrrad mit Anhänger zu mieten und den Rucksack auf diesem durch die Seenregion zu chauffieren. Die Strecke ist heute natürlich schön asphaltiert und eine Freude zum Velofahren. An verschiedensten Aussichtspunkten lassen sich die schönen Seen und die Landschaft, welche doch sehr auch an Kanada erinnert, bestaunen. Zudem gibt es etliche Campingplätze entlang der Strecke, von gratis bis relativ teuer. Auf dem letzten, noch geöffneten Gratiscampingplatz stellte ich dann auf. Es war zwar noch relativ früh, aber leider waren für die nächsten 50 Kilometer alle Campingplätze zu und auch sonst war Vorsicht geboten. In Kanada waren es die Bären, welche zwischendurch für Aufregung gesorgt hatten, hier waren es die Mäuse. Ja genau, die kleinen, süssen Mäuschen. Diese können hier das gefährliche Hantavirus tragen und wenn man sich damit anstecken würde, dann wäre sehr wahrscheinlich relativ schnell Feierabend. Besonders gerne haben es die Mäuse, wenn der chilenische Bambus (caña colihue) blüht. Diese blühen zwar nur alle 20-40 Jahre, aber wenn sie halt blühen, dann blühen sie. Und sie blühten gerade auf den anstehenden 50 Kilometer der Strecke und daher waren auf diesem Abschnitt alle Wanderwege und Campingplätze zu. Der Campingplatz war super schön an einem Fluss. Und obschon noch Ferienzeit war, die nächsten Plätze geschlossen waren und dieser der einzige Gratisplatz in der Nähe war, ging es noch relativ ruhig und entspannt zu und her. Ausser das mit den Kacken, da sind die Argentinier den Bolivianer (und wahrscheinlich noch vielen Andern auch) nicht wirklich voraus. Auch hier gabs weit und breit keine Toilette, auch wenn jedes Jahr Tausende von Campern hier logieren. Und so fielen im Wald hinter dem Platz nicht etwa schöne, leuchtende Blumen auf, sondern die abertausenden von weiss leuchtenden Scheisspapierfözeli welche überall herum lagen.
Rasch gings nun gegen die Stadt Bariloche zu und damit dem Ende der siete lagos Route. Hier wohnte ich vornehm im Hotel ‹le chateau›. Ja genau in dem schmucken Hotel direkt am Lago Nahuel Huapi logierte der unrasierte Velofahrer mit seinen ausgelatschten Schuhen, von der Sonne ausgebleichten T-Shirts und geflickten Hosen. Ich passte gut ins Bild. Ja, bei Warmshowers weiss man halt nie wo man landen würde, aber es waren ausnahmslos positive Erfahrungen.
In Bariloche fand gerade der Karneval statt und so durfte ein Besuch dort auf keinen Fall fehlen. In der ganzen Stadt fanden verschiedenste Events, Konzerte und natürlich Karnevalumzüge mit viel nackter Haut statt. Auch sonst hatte Bariloche einiges zu bieten, denn die Stadt liegt wunderschön am Rande der Berge in mitten einer von Seen geprägten Landschaft. Auch gibt es jede Menge Brauereien in der Region. Auch das weit rum bekannte und köstliche Patagonia Bier wird hier gebraut (jedenfalls ein Teil davon). Und als ich auf einer Wanderung per Zufall auf eine lustige Gruppe Argentinischer Touristen treffe, finde sogar ich den weiten Weg bis in die Patagonia Brauerei – wunderbare Aussicht, beste Gesellschaft und gutes Bier inklusive.
Bariloche verlassend traf ich wieder einmal auf Tom und Luba, ebenfalls in grossen Gängen unterwegs Richtung Ushuaia. Zusammen fuhren wir bis El Bolson, dem Hippietreffpunkt der Region. Einen Tag genoss ich das fröhlich relaxte Treiben zwischen Mikrobrauereien, Stadtpärken und veganen Inbissbuden. Die Route durch den Los Alerces Park konnte nochmals mit wunderschöner Seenlandschaft bei Traumwetter aufwarten. Da es jedoch gerade noch das letzte Ferienwochenende der Argentinier war, staubte es vor lauter Ferienverkehr wieder einmal ordentlich auf der Piste. Auch die Campings waren randvoll gefüllt und überall wurde geplantscht, gebechert, grilliert und das Leben genossen. Und von den dicksten Gesellen auf dem Platz bekam ich kurzerhand den Spitznamen el flaco. Gegen Sonnenuntergang verzogen sich dann aber praktisch alle Gäste schlagartig und hatte den Platz praktisch für mich alleine. Lustig diese Argentinier…. es brach dann noch ein wenig Aufregung aus, denn offenbar brannte es nur wenige Kilometer weiter schon wieder entlang der Strasse und diese wurde auch sofort für jeglichen Verkehr gesperrt. Aber um das Problem wollte ich mich dann morgen kümmern, erstmals gings in den erfrischenden See.
Raus gespuckt hats mich aus dem Park im Städtchen Trevelin. Und hier lief es wieder mal nach dem altbekannten Schema ab: Ich war früh dran, wollte nur schnell einkaufen und gleich weiter, traf auf eine Gruppe lustiger Velofahrer und blieb dann doch für den Rest des Tages in Trevelin. Die Velofahrergruppe war eine witzige Truppe. Alle hatten sich auf der Carretera Austral getroffen und zusammengeschlossen und fuhren nun gemeinsam gegen Norden. Und die Gruppe war ziemlich anders als die meisten Velofahrer welche ich sonst so getroffen hatte. Es handelte sich hierbei um eine Fleisch fressende, Party machende Rambazamba Truppe. Eine willkommene Abwechslung, nach all den Vegis und Frühschlafengehern.
Dann wars schon wieder Zeit für Chile. Auf dem Weg dorthin war nicht viel spannendes passiert ausser dass gerade ein Haus vor meinen Augen komplett abgebrannt war (die Feuerwehr kam dann zwar schon noch mit dem Helikopter mit Wassersack, aber das war dann schon ein Bisschen zu spät), der Grenzposten wieder mal kein Internet hatte und das allgemeine Warten wieder mal los ging. Aber Futaleufu erreichte ich dann doch noch am selben Tag. Futeleufu war wieder mal so ein Touristen Hotspot. Denn seit der Bio-Bio Fluss gestaut war, war nun der rio futaleufu der beste Wildwasserfluss von ganz Südamerika, so sagt man… Natürlich musste ich mich auch in die Fluten stürzen. Erst recht, als mir andere Touristen von dem Erlebnis erzählt hatten. Die meisten fahren eine knapp einstündige Strecke ab. Ich traf natürlich wieder mal genau auf den Vogel, welcher diese kurze Strecke als Pipifax und Touristenfalle abstempelte und mir natürlich lieber die vierstündige Variante über den gesamten Flussabschnitt verkaufte. Seine Argumente leuchteten mir ein und so war die Tour für den nächsten Tag gebucht. Mir war dann schon nicht ganz wohl dabei, denn Wildwasser V, das tönte schon ein Bisschen sehr wild für meinen Geschmack, wagte ich mich mit dem Kajak doch maximal an Wildwasser III heran (damals, früher, vor langer Zeit, in Jungen Jahren) und dies war schon mehr als wild genug. Aber kneifen ging jetzt nicht mehr.
Ja ich muss sagen, es war ein wilder Ritt auf dem Futa, aber er bleibt mir sicher auch noch lange in bester Erinnerung. Zudem identifizierte ich den Ausstiegspunkt auch gerade als perfekten Campingplatz für den nächsten Tag. Tom und Luba waren nun auch in Futaleufu eingetroffen und zusammen rasten wir das Tal runter bis auf die berühmte Carretera Austral – endlich! Tausende Touristen pilgern jährlich hierher um die wunderschöne, wilde Strecke durch das chilenische Patagonien zu fahren. Einige mit dem Auto oder Camper, andere mit dem Töff und viele, sehr viele auch mit dem Fahrrad. Und natürlich hats dann noch die Spezialisten welche zu Fuss, mit dem Skateboard oder mit was weiss ich was unterwegs sind. Mit der Ankunft auf der Carretera Austral schlug das Wetter nun auch ziemlich um. Während Wochen genossen wir nun aussergewöhnliches Hochdruckwetter und schwitzten von früh bis spät. Jetzt schwitzten wir auch, aber das eher wegen den leidigen Regenkleider, welche nun definitiv nötig waren. Das Wetter passte nun auch gut zu Patagonien und der Carretera Austral. Kühl, windig, nass und neblig. Spass hats trotzdem gemacht, denn die Landschaft war einzigartig und wenn sich die Nebelschwaden plötzlich auflösten, konnte man an der gleichen Stelle immer wieder neues entdecken. Ah und das Fischen. Eieiei war das gut. So etwas habe ich noch nie gesehen. Die Flüsse und Bäche sind praktisch alle komplett natürlich und unverbaut und können sich ausbreiten so weit sie dies wollen. Dennoch hat es mich erstaunt dass es dermassen viele Fische in den Gewässern Patagoniens hat. Sass ich abends am Fluss, so so sah es jeweils aus, obschon es schönes Wetter war, als würde es stark regnen, denn tausende Forellen schnappten nach leckeren Fliegen und Mücken. Leider hatte ich keine Fliegenrute dabei und auf meine Spinner bissen die Fische leider immer sehr spät, aber sie bissen. Und so gab es dann jeweils sehr spät Abendessen, dafür immer leckere Forelle oder Lachs.
Ich war nun zusammen mit Lalo (Eduardo) aus Santiago unterwegs. Mit dem Chilenen verbrachte ich die letzten Paar Tage auf der Carretera Austral und wir erreichten bald das Städtchen Coyhaique. Dies würde die letzte grössere Ortschaft auf der Carretera Austral sein und ein paar Tage Pause, allfällige Reparaturen und das auffüllen von Essensvorräten standen an. Auf dem kleinen gemütlichen Campingplatz unten am Fluss herrschte reges treiben und eignete sich perfekt für ein paar entspannte Tage in Coyhaique, bevor es dann an die letzten Kilometer auf der Carretera Austral gehen sollte – mit den Highlights von Patagonien und dem Ziel Ushuaia schon fast in Griffweite.