Am Morgen früh sind wir in Bozeman gestartet, är het schlächts Wetter gemeldet und wir wollten möglichst weit kommen, ohne im Regen zu fahren. Zuerst war unser Hauptziel, möglichst wenig auf dem vierspurigen Highway zu fahren. Wir sind deshalb kreuz und quer durch die Stadt geradelt. Nach gut einer Stunde Fahrt konnten wir es dann nicht mehr vermeiden und mussten etwa fünf Meilen auf dem Highway zurück legen. Wir fuhren also die Rampe hoch und Christian stand so richtig in die Pedale. Nach einer knappen Meile geschah natürlich das Unvermeidliche! Mein Hinterrad wurde ganz schwabbelig, Platte! Ich habe gehornt und gemacht, Christian hat mich aber wegen dem starken Verkehr nicht gehört. So fuhr er mit dem Flickzeug davon. Fahren konnte ich nicht mehr. Ich musste bis zur nächsten Ausweichstelle schieben. Euphorisch noch durch die letzten Autostopp-Erfahrungen hatte ich keine Zweifel, dass mich jemand mitnehmen würde. Dem war dann nicht so 🙁 Christian habe ich auch per Handy nicht erreicht und somit blieb mir nichts anderes übrig, die übrigen drei Meilen auch noch zu schieben. Ich habe etwa zwei Tränen runter geschluckt.
Als ich Christian endlich erreicht habe, haben wir dann gleich den Pneu gewechselt. Der Schlauch hatte circa acht Löcher, irgendwie hat sich der Draht vom Pneu gelöst und den Schlauch zerstochen. Nach knapp 5000 Kilometern hatte dieser Pneu hier sein Lebensende erreicht.
Wir fuhren dann noch trocken auf den nächsten Pass. Oben angekommen fing der lang ersehnte Regen an (langersehnt wegen den Waldbränden). Es war natürlich gleich ein heftiges Gewitter und wir fuhren auch noch auf Schotter. Im Tal angekommen ging es dann nicht lange, bis wir von einem Autofahrer gestoppt wurden. Er teilte uns mit, dass unser Warmshower-Gastgeber Lee uns auf den nächsten Kilometern aufladen würde. Merci!
Ja mit Lee und Jeannie hatten wir wieder mal Glück. «Gebucht» hatten wir zwei Nächte. Lee fuhr uns also zu ihrem Haus, das rund fünfzehn Kilometer weg vom nächsten Dorf mitten im Wald liegt. Beim Haus hielten wir kurz an, um seine Frau Jeannie kennen zu lernen. Danach fuhr Lee uns noch etwa achzig Meter zu unserer Cabin (Strom, Warmwasser, Kühlschrank mit Bier inklusive). Zum Znacht sollten wir dann wieder runter ins Haus kommen. Das Znacht war das beste auf unserer bisherigen Reise! Appetizer: Wisse Wy und Chäs (ich bereits im 7. Himmel), es Süppli zum Aufwärmen, Lachs, Gmües und Härdepfel zum Hauptgang und zum Dessert Apfelkuchen (noch warm! und ohne viel Eier, dafür mit Beereni – genau so wie ich es mag!). Das ganze wurde vor dem Holzfeuer (echt – und kein Fake-Feuer-Bild) serviert. An diesem Tag hat für uns der Herbst begonnen. Herbst bedeutet für mich auch Chürbissuppe und Zwätschgechueche, davon habe ich während dem Velofahren im Regen geträumt. Hier gab es eine Freudenträne für Jeannies Apfelkuchen.
Durch den Regen, der schon fast nach Schnee roch, wandelten wir dann wieder in unsere Cabin zum Schlafen. Am Morgen kamm dann die nächste Überraschung: Kaffee super gut!
Lee braute mir einen Cappuccino mit seiner Jura-Kaffeemaschine. Oh wie mich das an zu Hause im Lehli erinnerte! Wenn ich an einem Wochenende mal zu Hause bin, werde ich am Sonntagmorgen jeweils von der Kaffeemaschine geweckt, wenn Mueti ihre Milch für den Kaffee mit Dampf aufwärmt. (Es ist auch das Zeichen, dass der Tisch sicher gedeckt ist.) Genau so hat das Lee nun auch gemacht, sogar ein Blüemli hat er in den Schaum gezaubert! (Beim zweiten Durchlesen sehe ich gewisse Ähnlichkeit zu Tim Krohns Vriinä.) Ja auf diesem kulinarischen Niveau ging das dann die nächsten drei Tage weiter. Dafür hat Christian etwas Holz gespalten, das Lee gesägt hat. Ich habe so getan, als wäre ich eine grosse Hilfe und Christian einige Holzrugel näher gerollt. Da haben Lees Forstdienstwitze natürlich nicht gefehlt. Lee und Jeannie halten das Anwesen eines wohlhabenden Mannes im Stand. Das Grundstück ist umgeben von einer «Wilderness Area», dort ist das Betreten ist nur mit Pferden oder zu Fuss gestattet. Bären, Pumas und Hirsche sind also häufige Besucher in der Umgebung. Im Winter betreibt Lee seine eigene Langlaufloipe auf dem weitläufigen Gelände. Auch das Haupthaus hat uns Lee auf einer Tour durch das Gelände gezeigt – es war schon von gewaltigem Ausmass. Zusammen sind wir gewandert und sind auch noch in die nahe gelegenen Chico-Hotsprings gefahren. Mit den herbstlichen Temperaturen war das genau das Richtige. Die Schneegrenze war auch nur noch etwa hundert Meter weiter oben. Wegen dem gemeldeten Schnee blieben wir noch eine weitere Nacht, damit wollten wir das schlechte Wetter aussitzen und dann bei besserem Wetter in den Yellowstone fahren. Hätten wir die weitere Prognose angeschaut, wären wir wohl zehn Nächte geblieben.
Entlang der Strasse zum Haus von Lee & Jeannie
Wir starteten also an einem wunderschönen Herbsttag: Die Berge um uns waren verschneit, die Strasse jedoch noch trocken. Unser Etappenziel war Gardiner – das Dorf am Nordeingang vom Yellowstone. Unterwegs fuhren wir auf einer abgelegenen Kiesstrasse, einmal mehr sahen wir keine Bären. Dafür hatten wir sonst gewaltigen Anblick: an diesem Tag sahen wir sicher hundert Hirsche, dreissig Pronghorn Antilopen und noch diverses Kleinvieh. Wir wollten eigentlich noch in den Park fahren zum Zelten, denn Gardiner ist ein teures Pflaster. Kurz nachdem wir zNacht gekauft hatten, stoppte uns ein Mann auf der Strasse. Er leite ein Forscherlager, das nun nach dem Sommer leer stehe und wir dürften gerne dort übernachten. Er führte uns gleich zu diesem Haus, es war perfekt für uns! Mit Küche, Kajütenbetten und Wlan waren wir sicher besser untergebracht, als manche andere Touristen.
Am selben Abend fuhren wir noch rund fünf Kilometer in den Park zu «Boiling River» zum Baden. Boiling River ist wie der Name sagt ein kochender Fluss. An der Stelle, wo er in den kalten Bach fliesst, kann man baden. Es ist zwar etwas glitschig – und weiss man nie, ob man beim nächsten Schritt in eiskaltem oder kochend heissem Wasser steht. Findet man aber eine Stelle mit der gewünschten Temperatur, ist es wunderbar! Wir dümpelten bis zum Einnachten im Bach und konnten dann nur noch bergab in unsere grandiose Unterkunft rollen.
Am nächsten Tag begann dann das Abenteuer Yellowstone so richtig: noch vor Sonnenaufgang fuhren wir ein weiteres Mal zum kochenden Bach und meisterten dann schön aufgewärmt denn folgenden Hügel. Die erste Autoschlange wartete nicht lange auf uns. Ein gewaltiger, röhrender Hirschstier stand direkt am Strassenrand. Parkranger mussten den Verkehr regeln. Das Foto zeigt nicht den «gewaltigen» Stier, sondern nur den 2. grössten, denn ich durfte nicht stoppen beim ersten. Dieser Tag war strahlend schön und herbstlich. Wir fuhren durch beeindruckende Landschaft, sahen die ersten Bisons und viele Touristen. Auf dem Campingplatz gab es sogar extra Biker Plätze für nur sechs Dollar. Das war der letzte sonnige Herbsttag im Yellowstone.
Am kommenden Tag hatten wir dann bereits Spätherbst! Wir mussten noch über den Dunraven Pass (2700 Meter) fahren, die vorderen Tage war er wegen Schnee immer wieder gesperrt. Wir hatten aber Glück und konnten noch trocken darüber fahren. Auf dem Pass angekommen, hat Christian den Gipfel des Mount Washburn bestiegen. Ich fuhr bereits weiter bergab zum nächsten Ziel dem Canyon Village. Dort angekommen haben wir das Zelt aufgestellt und dann die berühmten Canyons besichtigt.
In der Nacht kam dann der gemeldete Niederschlag und somit der Winter. Ich bin immer mal wieder aufgewacht und irgendwann habe ich keinen Regen mehr gehört, sondern nur noch ein Knistern auf dem Zelt. Am Morgen hatten wir dann rund fünfzehn Zentimeter Schnee. Und es schneite und schneite immer weiter. Zmorge gab es an diesem Tag in der Wäscherei, dort haben wir unser nasses Zeug getrocknet. Im Zelt bleibt man bei Regen und Schnee eigentlich wunderbar trocken und warm. Kritisch sind nur Kopf- und Fussende des Schlafsackes. Streckt man sich ganz aus und berührt mit dem Schlafsack das Innenzelt, welches dann ans Aussenzelt drücken kann, wird der Schlafsack feucht. Feuchte Daunen sind sehr schlecht!
Nach dem Mittag hat das Schneien dann aufgehört und wir konnten losradeln. Brrr zuerst war es ziemlich kalt, aber dann war es eigentlich ganz schön und beim Fahren bekommt man sowieso warm. Immer wieder wurden wir auch fotografiert:-) Den ersten Stopp legten wir bei Geysiren ein. Die Stimmung mit den dampfenden Geysiren, den verschneiten Bäumen und der Sonne war schon sehr einzigartig! Das Wetter hat dann aber umgeschlagen und plötzlich hat es wieder geschneit und auch noch gewindet. Vor dem Losfahren kochten wir noch eine Suppe – und das im WC-Häusli (ist der WC-Deckel geschlossen, stinkt es gar nicht mal so fest).
Dann kam eine richtig zähe Strecke! Es war zwar immerhin einigermassen flach, dafür hat es auf alle erdenklichen Arten geschneit: ganz nass, dann «guggste» es, dann mal mit und mal ohne Wind (von vorne, hinten oder seitlich). Hier habe ich wieder etwa drei Tränen runter geschluckt! Wir hatten auch keine Wahl als zu fahren, denn wir wollten den nächsten Camping erreichen. Christian kämpfte auch noch mit kalten Fingern und gefrorenen Bremsen. Ich hatte nur nasse Füsse. Irgendwann haben wir den Campingplatz dann auch erreicht. Hier hatten sie sogar so etwas wie ein Partyzelt aufgestellt, unter dem man kochen und essen konnte. Das ganze Material war ja zum Glück trocken. Einzig meine Schuhe waren nass (die Sohle hatte Löcher und ich habe es ewig hinaus gezögert, neue zu kaufen). Somit hatte ich keine andere Wahl als meine Ersatzschuhe zu tragen. Flipflops trocknen immerhin schnell! Irgenwann musste ich dann noch auf Christians Veloschuhe wechseln (er hatte in der dafür auf Wanderschuhe gewechselt).
Nach fast zwölf Stunden im warmen Schlafsack kam dann das Highlight am Morgen: Kaffee und Güetzi von den Camping-Hosts. Hier gab es keine Wäscherei und somit haben wir die Schlafsackfüsse unter dem Händetrockner getrocknet. An diesem Tag wollten wir bis zum Old Faithfull Geysir fahren. Ab dort war dann wieder offen, wie wir weiter kommen. Bei Old Faithfull selber gibt es keinen Camping und bis zum nächsten Camping muss man über zwei Pässe fahren. Wegen dem Schnee war auch diese Strasse immer mal wieder gesperrt und man wusste am Morgen noch nicht, ob sie die Strasse öffnen!
Wir haben das Material dann wieder gepackt und haben uns durch die Sehenswürdigkeiten gekämpft! Es ging dann irgendwie alles wie am Schnüerli auf! Zwar hatten wir wieder mit diversen Arten von Schneefall zu kämpfen, dafür sahen wir Hirsche und Bisons, Geysire und heisse Quellen. Old Faithfull hat zehn Minuten nach unserer Ankunft gespuckt (spuckt alle zwei Stunden). Die Strasse über die Pässe war geöffnet und wir konnten sogar eine Mitfahrgelegenheit bis zum nächsten Camping ergattern. Hier waren wir nun im Grand Teton Nationalpark angekommen. Auf dem Camping windete es zu unserem Glück und wir konnten sogar das Zelt vor dem Schlafen noch trocknen. Ich war happy, gab es sogar eine heisse Dusche.
Am nächsten Morgen schneite es natürlich wieder! Immerhin gab es hier nun wieder eine Wäscherei. Wir konnten also auch hier wieder mit trockenen Schlafsäcken losfahren. Im Grand Teton National Park gibt es hauptsächlich Seen und Berge zu sehen. Wegen dem Wetter sahen wir leider nur die Seen. An diesem Tag hatte ich schon ziemlich Mühe, mich zu motivieren. Wir wären gerne noch im Park geblieben, aber mit nassem Zelt und weiter schlechten Wetter war es etwas «ungluschtig». Irgendwann stoppten wir bei einer Lodge und wollten uns ein warmes zMittag gönnen, sie konnten uns aber nur ein Kaffee servieren. Super! Ich habe noch in Erwägung gezogen, in dieser Lodge ein Zimmer zu buchen. Die billigsten Zimmer waren mit 600 Dollar dann aber weit über unserem Budget. Auch im nächsten Ort – Jackson Hole war unter 200 Dollar nichts zu wollen. Warmshower Leute gab es hier zwar, niemand konnte uns aufnehmen. Ich fand mich schon damit ab, das nasse Zelt noch einmal aufzustellen. Doch dann klappte es doch noch! Christian erreichte Holly (warmshower) telefonisch und sie konnte uns beherbergen. Die letzten Kilometer im Schnee rollten somit von alleine! Die warme Dusche und das warme Bett waren herrlich. Am nächsten Tag wartete ich auch nicht mehr länger und habe mir gleich neue Schuhe gekauft. Wir haben auch hier wieder auf das bessere Wetter gewartet. Das erste Mal sind wir eine Strecke wieder zurück gefahren, denn wir wollten diese berühmten Grand Teton Berge noch sehen. Wir haben also eine schöne Herbstwanderung gemacht und die Berge auch fast gesehen. Ganz gesehen haben wir die Berge erst am Sonntagmorgen, als uns Warren extra noch ein weiteres Mal in den Park chauffiert hat. Sowieso hatten wir wieder Glück mit unseren Gastgebern. Holly hat mich ins Yoga mitgenommen und wir haben zwei gemütliche Abende mit ihnen verbracht.
The Grand Tetons
hallo, hallo, ich verfolge vom Lehli aus eure Tour. Traumhaft schön und ganz grosse Achtung vor dieser Leistung.Kommt gesund mit vielen Eindrücken im Gepäck und gestählt nach Hause zurück, eure Lehli-Nachbarn
Lieber Bernhard, liebe Barbara
Es freut uns, lest ihr unsere Beiträge! Ich zeige dann gerne einmal einige Bilder 🙂
Viele Grüsse aus dem Westen!
Christina
wow, great again, wish I could be there! Mache gerne wieder Kaffee just for you! MOM
Hei, Eure Reise ist wirklich spannend. Wir lesen Euer Reisebericht mit GROSSEM INTERESSE.
LG Emil
Hallo Ihr Lieben
Kaum zu glauben, Ihr schreibt von Wintereinbruch und Kälte, in Kalifornien herrscht Trockenheit und es werden weiterhin schlimme Brände gemeldet. Emil und ich sind heute über das Gemmenalphorn gewandert und nach Habkern abgestiegen. Die unglaublich schönen Herbstfarben faszinieren mich immer wieder. Emil war etwas enttäuscht, nur zwei Steingeissen gesehen zu haben. Die Berge sind verschneit bis auf ca. 2500 m. Ob dieser erste Schnee wohl lange bleibt? Ich habe auch noch mit einer Freundin eine dreitägige Wanderung vom Bleniotal in die Leventina gemacht, sehr eindrücklich. Wir wurden auch jeden Tag vom röhren der Hirsche begleitet. Leider haben wir keinen Hirsch gesehen. Ich wünsche Euch weiterhin viele spannende Eindrücke. Häbet Sorg! Herzliche Grüsse, Marianne
Hallo Christina und Christian
Ich verfolge eure Reise
und lese die spannenden und witzigen Berichte mit Interesse.
Wünsche weiterhin viel Vergnügen und «Sitzleder»
Liebe Gruess vom Thunersee
Roland Descloux
Hallo Roli
Merci für deinen Kommentar! Es freut uns, wie viele Leute unseren Blog lesen…
Wünsche Dir einen schönen Spätherbst 🙂
Liebe Grüsse Christina